Altersarmuts-Risiko schreitet weiter voran
3. März 2017 | Patrick Schreiner
Wie der gestern veröffentlichte Armutsbericht des Paritätischen zeigt, nimmt die Armutsrisikoquote bei RentnerInnen und PensionärInnen schneller zu als in der Gesamtbevölkerung. Ein Ende dessen ist nicht absehbar.
Rentnerinnen und Rentner entwickeln sich zu einer Bevölkerungsgruppe mit besonders ausgeprägtem Armutsrisiko, wie der heute veröffentlichte Armutsbericht des Paritätischen Gesamtverbands und weiterer Verbände zeigt. Vor zwölf Jahren war die Armutsrisikoquote bei RentnerInnen und PensionärInnen mit 10,7 Prozent noch deutlich niedriger als die Armutsrisikoquote der Gesamtbevölkerung mit 14,7 Prozent. Seitdem ging es mit beiden tendenziell nach oben, bei den Älteren allerdings in noch höherem Tempo. Seit 2014 übertrifft die Armutsrisikoquote bei RentnerInnen und PensionärInnen die der Gesamtbevölkerung, und sie schreitet weiter mit Siebenmeilenstiefeln voran. 2015 lag sie bei 15,9 Prozent – gegenüber 15,7 Prozent in der Gesamtbevölkerung. Beides sind neue Höchstwerte.
Und das Ende der Fahnenstange ist längst nicht erreicht. In den kommenden Jahren und Jahrzehnten werden zunehmend Beschäftigte in Rente gehen, deren Erwerbsleben von prekärer und atypischer Arbeit, von Niedriglöhnen und von Phasen der Arbeitslosigkeit geprägt war. Zugleich wird das Rentenniveau nach derzeitiger Rechtslage weiter nach unten gehen. Das bedeutet: Das Armutsrisiko älterer Menschen nimmt nicht ab, sondern steigt weiter an.
Die Bundesregierung scheint davor die Augen zu verschließen. Im Entwurf für ihren 5. Armuts- und Reichtumsbericht schreibt sie:
Den maßgeblichen Kennziffern zufolge stellt Armut im Alter heutzutage für die große Mehrheit der Senioren kein drängendes Problem dar. Weder die Armutsrisikoquote noch die amtlich registrierte Bedürftigkeit sind im Vergleich zu anderen Altersgruppen auffällig.
In zwei Sätzen beschönigt die Bundesregierung damit gleich mehrfach die Problemlage. Es ist nicht sicher, dass sie diese gewagten Aussagen auch in der endgültigen Fassung des Berichts stehen lassen wird. Sicher ist aber, dass jetzt endlich gehandelt werden muss. Der freie Fall des Rentenniveaus muss gestoppt und umgekehrt werden – und kleine Einkommen rentenrechtlich aufgewertet.
Patrick Schreiner ist Gewerkschafter und Publizist aus Bielefeld/Berlin. Zu seinen Arbeitsschwerpunkten gehören Wirtschaftspolitik, Verteilung, Neoliberalismus und Politische Theorie.